Eigentlich stehen uns in der Gartengestaltung nur zwei Grundformen zur Verfügung: die Architektonische
und die Romantisch-freie. Zwischen diesen Poolen pendeln die Tendenzen immer hin und her, vermischen sich gelegentlich, setzen kürzer- oder längerfristige Trends.
Dass Wasser trendy ist war eigentlich schon immer so. Im Gefolge der Naturgartenrevolution
wurde es gar als ökologische Nische in die Gärten hineinkatapultiert
und genoss ein Dasein als Biotop.
Im Gegensatz dazu stehen die Steinwüsten. Sind die Müslilookteichli
noch zumindest nicht gerade Fremdkörper in einem hübschen Garten,
signalisieren die Geröllhalden schon von weitem Naturfremdheit, Faulheit
und völliges Desinteresse an so etwas wie Garten. Warum haben sich diese
Leute nicht eine Eigentumswohnung genommen?!
Doch lassen wir diese Polemiken und wenden wir uns dem Garten zu. Und zum Wasser
kehren wir später zurück.
Lust am Grün steht im Zentrum. Keine wilde, ungezähmte Landschaft
sondern die Ausdehnung des Innenraumes nach aussen ist gesucht. Der Mensch ist
auf der Suche nach der Beschaulichkeit. „Lassen Sie mich meinen Garten
geniessen“, sagt der Kunde zu mir, „es sollen Nischen, Winkel und
kleine Plätze entstehen, ich will die Aussicht geniessen, die Offenheit
nach aussen und mag trotzdem Geborgenheit“.
Der Wunsch des Kunden ist die Vorlage, an die wir uns halten. Es sind nicht
formale Vorgaben, es sind die formulierten Ideen, die Gefühle, die er äussert,
das Gespräch, in welchem er über mehr oder weniger belanglose Dinge
redet, wenn er über seinen Garten spricht.
Die – allerdings nur scheinbare – Schwierigkeit liegt darin, diese
Vorgaben umzusetzen, ohne einfach nur Versatzstücke der Wünsche einzubringen,
eine Formensprache zu finden, in welcher sich der Kunde wieder erkennt, ohne
dass sie anpässlerisch ist. Es geht nicht darum, dem Kunden nach dem Mund
zu gestalten, sondern den Kunden dorthin zu führen, wo er eigentlich ankommen
möchte.
Gewiss ist die Formensprache, die uns zur Verfügung steht, vielfältig,
schier unermesslich. Die Beschränkung auf die klare, einfache Grundform
muss aber im Vordergrund stehen. Weg vom romatisch-verspielten, dazu sind unsere
Gärten zu klein, hin zur Klarheit. Die Grundform ist das Gerüst des
Gartens, an ihr misst sich die gestalterische Qualität. Natürlich
kann es hübsch aussehen, wenn ich den Garten mit unzähligen Versatzstücken
versehe, die verhältnismässig zufällig in den Raum gestellt werden.
Gewiss kann man sich daran erfreuen und ihnen entlang wandeln. Aber auf die
Dauer wird selbst der Laie dahinter kommen, dass dem Ganzen der Halt fehlt,
dass die Anlage von den Zentrifugalkräften des allgegenwärtigen Betrachtens
und Bewohnens in seine Einzelteile zerrissen wird.
Die Suche nach der übergeordneten Form ist das wesentliche in der modernen
Gestaltung. Ich arbeite nach der Devise, dass je kleiner die zur Verfügung
stehende Fläche ist, desto architektonischer muss die Grundaussage sein.
Freie und geschwungene Linien können sich erst entfalten, wenn sie genügend
Freiraum zum Auspendeln zur Verfügung haben. Die Gerade, das Rechteck,
das Quadrat, allenfalls der Kreis stehen am Anfang der Entwicklung des Gartenraumes.
Ich setze damit das Grundthema und darauf folgen die Variationen, wobei ich
mich durchaus an die klassischen Regeln von aktiv und passiv, laut und leise
– also den Kriterien des Gegensatzes und der Ergänzung halte, den
Goldenen Schnitt berücksichtige, Spannungen aufbaue, Harmonie und Symmetrie
dagegen setze.
Das Grundthema entspricht dem Knochengerüst, um das sich das Fleisch ordnet.
Fleisch im gärtnerischen Kontext bedeutet Pflanzen, Steine, Wasser und
auch Texturen, Flächen usw. Die Grundformen können verschiedenartig
dargestellt werden. Wasserflächen beispielsweise wirken sehr dominant,
bestimmend, überlagern alles. Es sind die Blickfänger im Garten, die
dauerhaft sind, die Jahreszeiten überdauern und müssen somit sehr
sorgfältig eingesetzt werden. Sie sind immer Bestandteil des Grundkonzeptes
und nie Akzessoir. Wasserflächen gehören ins Zentrum. Sie sind als
Fläche auch anders zu behandeln als Rasenflächen. Überhaupt diese
Rasen. Darüber liesse sich eine eigene Abhandlung schreiben, wie sie in
unsere Gärten gelangten. Im wesentlichen stellen sie heute Verlegenheitsflächen
da, wo einem nichts gescheiteres eingefallen ist. Werden sie als Spielflächen
genutzt, mag das ein Argument dafür sein, ebenfalls als ruhiger Kontrast
zur bewegten umgebenden Struktur. Aber ansonsten dienen sie allenfalls zur abgespeckten
Formel 1 Rennbahn zum samstäglichen Rundendrehen auf dem Aufsitzmäher.
Ich polemisiere schon wieder und will es folglich damit belassen.
Wegeführung und Mauern gehören ebenso zum Grundkonzept. Die Mauern
- seien es solche aus Stein, seien es berankte senkrechte Flächen, seien
es reine Hecken - bilden den Raum, die Behaglichkeit und Geborgenheit vermitteln.
Ihr Weglassen ist dann gerechtfertigt, wenn die umgebende Landschaft gleichsam
in den Gartenraum mit einbezogen werden kann. Ein heikles Unterfangen allerdings,
mit dem sich beispielsweise Capability Brown im englischen Landschaftsgarten
intensiv auseinander gesetzt hat (vgl. dazu meine Abhandlungen über die
englischen Gärten). Er ging dabei so weit, dass er vor allem die Landschaft
veränderte und zwar so, dass sie auf den Betrachter fokussierend wirkte.
Ein weiteres grossartiges historisches Beispiel für diese Konzeption ist
der Garten von Wörlitz.
Der Einbezug der Landschaft in unseren kleinen Gärten geschieht am wirkungsvollsten
nach dem Prinzip der Fensterbildung. Indem ich Ausblicke schaffe, die mir von
verschiedenen Blickpunkten aus die Landschaft wie ein Bild erscheinen lassen.
Lassen wir es im Augenblick mit diesen Betrachtungen bewenden. Den Einsatz der Pflanzen, Gehölze und Stauden, die Verwendung des Steines als Belagsmaterial oder Mauerfläche, der Einbezug von Objekten, die Lichtführung, die Entwicklung von Nischen zu Aufenthaltsorten im Garten mögen weiterführende, umfassendere Themen sein und verlangen nach sorgfältiger Auseinandersetzung.