Noch ist der 'Moderne Garten' fast ausschliesslich eine Domäne des öffentlichen Raums. Der folgende Text, aber auch die Bilder, die mehrheitlich aus solchen Anlagen stammen, sollen aber Anstösse geben für ein neues Gartendenken. Wenn beim Haus die Fassade verschleiert, verklärt oder aber auch unterstützt und allenfalls fühlbar machen kann, was sich dahinter verbirg, ist der Garten immer ein Garten. Was wir auch unternehmen, man wird es immer dazurechnen. Man kann nichts verbergen oder verheimlichen, es ist unmittelbar. Jean Nouvel, und vielleicht auch andere, haben den Versuch unternommen, einen Garten hinter Glas zu setzen, ohne dabei ein Glashaus oder einen Wintergarten zu bauen.
Der Neubau der Fondation Cartier in Paris, resp. der Garten dazu ist allerdings recht kümmerlich geraten, obwohl er vom bekannten deutschen Künstler Lothar Baumgarten stammt. Er hat zwar noch ein oder zwei Jahre Zeit, bis dann hat sich seine Pflanzensammlung, die akribisch beschrieben werden soll, besser entwickelt und auch die in Comblanchien (Burgunder Kalkstein) gehaltene Ellipse, versenkt, mit Treppen, die hinabführen, dürfte Patina angesetzt haben.
Ich stellte die Frage: Gibt es den Neuen Garten? Ich bin überzeugt, Sie erwarten eine Antwort darauf und zwar eine positive. Ich machte mich also auf die Suche nach dem Neuen Garten, denn es wurde davon geredet. Einige sprachen vom postmodernen Garten, was vielleicht dasselbe ist, oder nehmen wir es einmal an. Fündig wurde ich in Paris. Was nicht heisst, dass es in der Schweiz nichts dergleichen gäbe, aber es ist wohl ziemlich versteckt. Im Parc André Citroën trifft man auf eine Anzahl kleiner Gärten, sechs sind es genau, entsprechend den sechs Arbeitstagen der jüdischen Woche, die meines Erachtens wirklich Neu sind. Sie sind so revolutionär, wie es seinerzeit Cramers Philosophengarten an den G 59 in Zürich war mit seinen Pyramiden. Mit dem Unterschied allerdings, dass die Citroën-Gärten wohl Nachahmer finden werden.
Einzigartig werden diese Gärten durch ihre strikte Thematik. Während im üblichen Hausgarten zumeist alle Bedürfnisse unter einen Hut gebracht werden müssen und dadurch kaum šberraschendes Platz hat, wird dort eine Idee konsequent umgesetzt. Rasen oder Wiese, Staudenrabatte, Gehölzhecke, Weiher, Belag, Steine, und Solitärbaum lassen sich zwar mehr oder weniger spannend in Form eines Wildgartens, eines gepflegten Hausgartens oder sonstwie gestalten, aber wirklich Revolutionäres lässt sich damit nicht schaffen. Dies wird erst erreicht durch konsequentes Weglassen einzelner konventioneller Elemente und das sich Beschränken auf eine oder maximal zwei Aussagen.
Diese Einengung geht aber nicht so weit, dass man darin nicht mehr wohnen oder sich wohl fühlen würde. Sonst wären es moderne Gärten, wie man sie in der Villette, ebenfalls in Paris, findet. Dort konzentriert man sich in einer Anlage beispielsweise auf Spiegel und Föhren. Das ist recht spannend, um sich das Ganze einige Male anzusehen, aber für den dauernden Aufenthalt kaum geeignet. Beeindruckt war ich vom Garten der erschreckten Kinder, ein Wald bestehend aus Birken und Blautannen (wie schrecklich!!) auf diagonal gestellten Hügeln und Tälern, bildet das Szenarium für eine sphärische Musik, entwickelt von Caroline Voss und Arnaud Devos. Die Musik mag Kinder wegen ihrer Unausgewogenheit, der Verwirrung und dem Auf- und Abschwellen erschrecken, Erwachsene sind durchaus von ihnen angetan. Die 18 Lautsprecher vermitteln ein Klangbild, das sich im Laufe der Durchquerung entwickelt. Gehen Sie mal nachts in diesen Garten. Rundum rauscht die Stadt, glücklicherweise sehr dezent, angenehmes Licht taucht den Garten mit seinen Bäumen in ein Gespengsterhaus und treten Sie ein in die Klangallee. So schnell werden Sie nicht mehr losgelassen. Sie fallen beinahe in Trance durch die nun sehr sanft wirkenden Klänge der Musik.
Das ist modern, absolut neu, wenn auch bereits die Barockfürsten in ihren Gärten Musik aufspielen liessen. Aber das war etwas ganz anderes. An Gartenschauen hat man dergleichen in Ansätzen vielleicht schon gesehen, aber nie in dieser Konsequenz, die vielleicht sogar bewohnbar wäre. Modern heisst ja nicht gleich unbewohnbar, nur für den einmaligen Gebrauch. Es schliesst aber den Versuch und das Experiment obligatorisch mit ein, möglicherweise auch die Einmaligkeit. Aber so absolut sicher bin ich mir da nicht. Haben Sie Ihren Garten schon mal beschallt und beleuchtet? Warum eigentlich nicht? Das wäre dann das Erlebnis der vierten Dimension. Den Garten in die Nacht ausdehnen. Das zumindest wäre modern. Denn sonst sind wir mit den Erläuterungen, was den ein Neuer, moderner Garten sei, irgendwo auf der Strecke liegengeblieben.
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